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Zurückbleiben

Die Ausflügler verliessen das alte Haus an diesem Sonntagabend. Sie hatten es eilig. Als hätten sie bereits vergessen. Nur er blieb. Irgendetwas hielt ihn zurück.


Und wie er so sass auf der durchgelegenen Matratze, ganz oben im winzigen Eckzimmer, hörte er die Türen, die Fensterläden, die schnellen Schritte und Rufe: Zeit zu gehen, der Zug fahre bald, das Gepäck sei schon draussen. Nur noch einmal wurde die Toilette gespült, lärmten Füsse die Treppe hoch, dass die Balken zitterten, weil Unentbehrliches vergessen worden. Die Suche nach dem verlorenen Gegenstand, eine handvoll Tritte im Galopp, noch einmal nervös das ganze Haus.


Auch er hätte seinen Koffer packen müssen, war es doch schon spät, die Fahrt durch die Berge weit und je länger er warten würde, desto weniger schien es wahrscheinlich, dass er jemals nachhause käme. Kein Ding wär es gewesen: jetzt alles zusammenlegen, in den Koffer stopfen, die Schuhe anziehen, sich der Ordnung vergewissern und zur Gruppe aufschliessen der Woche entgegen. Doch er blieb sitzen. Wäre er mitgegangen, nähmen die Dinge ihren Lauf. Er aber konnte nicht mehr vergessen, was ihm zuhause stets widerfuhr. Und jetzt hörte er die Haustür auf Knall verschlossen. Adieu.


Von seinem Zimmer, wo es ausser dem schmalen Bett, dem Stuhl und dem Tisch aus löchrigem Holz nichts gab, wo ihn andere Male auf Wochenendausflug nie etwas zurückgehalten hatte – auch nicht die Erinnerung an seine Kindheit –, sah er jetzt aus dem offenen Fenster den Wald bereits violettfarben, nur die Bergspitze noch lugte ins Sonnenlicht und er schmeckte schon die Nacht, wie sie ins Tal zog. Er wartete lange. Als er sicher war, dass er nicht mehr nachhause käme, da ergriff ihn urplötzlich das Glück.

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