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Daniel Costantino

Spuren im Sand


Spuren im Sand

Vom Online-Verstand und seinen Verwehungen

 


Die Sache mit dem Hund

> Monika sucht Rat: Der Hund ihrer Kollegin im Büro stört sie. Die Blick-Community ist gespalten – während einige Leser strikt dagegen sind, finden andere es in Ordnung, solange die Tiere nicht stören. <

 

Die Einen sind dagegen, dass Monika sich am Hund der Bürokollegin stört; die Andern dafür, dass sie sich an den vielen Hunden stört, die sie nicht stören. Das hat man davon, wenn man eine Community um Rat fragt. Und wer sich etwa vor Hunden ängstigt, muss erst recht einen Schauder kriegen, wenn so ein Tier unterm Bürotisch mit einem einzigen langen Satz zu einer ganzen Meute mutiert. Dem „Blick″ möchte man zu einem guten Korrektor raten, am besten in Vollzeitbeschäftigung; doch dieser gute Rat ist ihm bestimmt zu teuer.

 

 

Leitlinien

> Sprache und Kultur müssen auch künftigen Generationen als zuverlässiges Mittel individueller und gesellschaftlicher Verständigung sowie als wirksames Ausdrucksmittel für wissenschaftliches und problemlösendes Denken erhalten bleiben. <

(Verein Deutsche Sprache, Leitlinien)

 

Zuverlässig widmen die dürrsten Geister sich ausgerechnet der Sprachpflege und glauben, den Teufel mit dem Beelzebub austreiben zu können. Ihre Mittel und Ausdrucksmittel werden dem problemlösenden Denken noch eine Verständigung einhauchen, die von Sprache und Kultur nichts mehr begreift.

 

> Der VDS stößt Diskussion über Sprachentwicklung und über die Wertschätzung gegenüber der deutschen Sprache an und versteht sich als Interessenvertretung für die deutsche Sprachgemeinschaft. <

 

Wer über deutsche Sprache Diskussion anstösst und ihr gegenüber so wenig wertschätzt, interessiert sich doch keinen Deut für sie. Er frönt bloss einer obskuren Deutschtümelei.

 

> Der fortschreitende Mangel an Sprachloyalität wirkt sich schädlich auf die Stellung des Deutschen als Bildungssprache aus; anschaulicher Beleg dafür ist die schwindende Bedeutung des Schulfaches Deutsch, die durch die Ergebnisse der Bildungsstudien in den vergangenen Jahren bestätigt werden. „Deutsch“ muss seine Rolle als Leitfach im Bildungssystem zurückerhalten. <

 

Ein solches „Deutsch″, wie es dem Verein Deutsche Sprache vorschwebt, lassen sich gewiss ersatzlos aus dem Bildungssystem streichen.

 

> Wir kämpfen gegen Vorschriften gegenüber der Sprachgemeinschaft und gegen Sprachzwänge gegenüber einzelnen. <

 

Es gilt in der Demokratie: Jede Person hat das Recht, an Verstammlungen teilzunehmen oder Verstammlungen fernzubleiben.

 

 

Der Westen auf der Sonnenliege

> Der sogenannte «Wertewesten» macht Urlaub. Mal wieder. Das Motto: Lieber schweigend auf der Sonnenliege rösten als sich die Finger zu verbrennen. Das gilt vor allem, wenn die Regierung in Kiew macht, was sie will, und dabei wie ein Bulldozer über jegliche demokratischen Prinzipien donnert. <

(Weltwoche)

 

Es lassen sich zwei analoge Metaphern als Gegensatz nur darstellen, wenn ein Gedanke sie auseinandernimmt. Der Westen müsste seine Hände in Unschuld waschen. In kühler Unschuld. Sonst verbrennt er sich die Finger auf der Sonnenliege gleich mit. Über die Prinzipien des Denkens donnert die Weltwoche meistens hinweg. Oft auf dem falschen Bulldozer.

 

 

Vom Reislein, das ein Schifflein hat mitgenommen

> Die Recherchereise ist so etwas wie das Kreuzfahrtschiff des Journalismus: Sie führt Reporterinnen und Reporter von einem Ort des Geschehens zu dem nächsten. Wirft Blicke auf ganz unterschiedliche Ereignisse oder Regionen und bietet doch ein verlässliches Gefäß, auf das immer wieder zurückgegriffen werden kann. <

(Jüdische Allgemeine)

 

Wem die Reise ein Schiff, ist sie auch ein Gefäss. Und doch eine Reporterin noch lange kein Reporter. Zum Beispiel die preisgekrönte Dunja Hayali, welche „die bisher gelungenste Reportage-Reise″ abliefert:

 

> Sie widmet sich unter dem Titel »Wütend, laut radikal« der »neuen Protestkultur« im Land, macht daran aber auch gleich ein Fragezeichen. <

 

Die Jüdische Allgemeine noch ihre Faxen dazu. Die Sprache bietet dem Journalisten doch das verlässlichste Gefäss, immer wieder aufs Kreuz zu fallen.

 

 

Kamala Harris macht zu schaffen

> Und er spricht ihr Anfang der Woche aussenpolitische Kompetenzen ab,  was in der unseligen Aussage endet, US-Generäle würden sich an ihr «zu schaffen machen», falls sie gewählt würde. Das geht natürlich nicht. Und gleich im Anschluss an dieses Segment gibt der Moderator einen weiteren Kommentar zum Besten, der bis heute gar nicht gut gealtert ist. <

(blue news über den amerikanischen Fernsehmoderator Watters)

 

Der Zeitgeist aus solchen Flaschen wird sich immer mit Krimskrams beschäftigen statt mit Generälen, deren Kriege so gut altern, dass vom Erdboden kein Segment mehr übrigbleibt.

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