Sein Bauch raunt schon beim Vorstellungsgespräch, der Neue werde nichts taugen, nicht einen Waschlappen wert sein. Doch er gibt nach, hält sein flaues Gefühl – wie sich das für einen Lohnempfänger ziemt – im Interesse der Firma im Zaum. Als Teamleader hat er bei der Wahl des Angestellten, der ihm direkt unterstellt sein wird, ein Mitspracherecht, doch letztendlich muss der Neue auch seinen Vorgesetzten passen. Also fügt er sich, denkt, sein Gefühl irre, und der Neue werde sich tipptopp in sein Team einfügen, die Aufgaben mit Bravour ausführen. Einen begriffsstutzigen Trottel als Mitarbeiter ist in der angespannten Auftragslage das Letzte, was er brauchen kann, sein Team ackert und rackert die Knochen wund, rotiert auf den Felgen, ist unterbesetzt, seit sich ein Mitarbeiter erschossen, der andere einen Nervenzusammenbruch erlitten hat und nicht mehr bei der Arbeit erschienen ist. Er braucht also jemanden mit Softskills, einer, der den Geist des Teams reinzieht wie eine Linie Koks, einen fleissigen Anpacker, formbar und – auch das zählt am Arbeitsplatz – zum Liebhaben.
Doch leider – und es ist wirklich ein Jammer – tritt die schlimmste Befürchtung ein, der neue Mitarbeiter erweist sich als inkompetenter Vollpfosten. Schon in der ersten Woche schiesst er einen Bock auf den anderen, fabriziert Fehler auf Fehler auf Fehler, geht es um Anweisungen, Arbeitsabläufe und Hierarchien, stellt er sich taub oder stutzt blöd, er schnallt mitnichten, wie der Hase in der Firma läuft, wie er die Kreise stört, die das Team Tag für Tag im Dienst der Firma zieht. Schon zwei Kunden hat der Tollpatsch aufs gröbste verärgert und er als Gruppenleiter hat die ganze Misere zu erklären: dem Kunden freilich und, noch schlimmer, den eigenen Vorgesetzten. Ob man dem Neuen die Stelle kündigen sollte, raunt es in den oberen Etagen schon, doch man wartet zu, vertraut der Kompetenz, den Softskills des Teamleaders, der wird’s schon hinkriegen, den Querkopf auf Linie zu bringen, ein neues Bewerbungsverfahren kostet schliesslich Zeit und Geld. Schon bald ist die Probezeit um und das Schwarze Schaf sitzt fest im Vertrag und stellt sich weiter dumm.
Wöchentlich hat er Rapport zu machen, den Stand der Dinge zu melden, wollen die Firmenchefs wissen, ob’s mit dem Neuen besser läuft, doch beim Himmel all seiner Bemühungen hat er es nicht geschafft, das Schaf auf Linie zu bringen, nach wie vor macht der Vollidiot Fehler, hält sich nicht an die Anweisungen, bringt Unruhe ins Team, das längst in Aufruhr verfallen ist, einer Horde aufgescheuchter Hühner gleicht. Die Dynamik steigt dem Teamleader über den Kopf, Albträume suchen ihn heim. Wäre er an der Stelle des neuen Mitarbeiters, hätte er längst Rückgrat bewiesen, Einsicht gezeigt und selbst gekündigt, doch das genaue Gegenteil ist der Fall: der Tollpatsch gibt sich in Demut, haspelt ungeschickt und winselt lieb, verstrickt sich bei seinen leidigen Erklärungen, warum dies oder das falsch gelaufen sei, in Widersprüche, versteckt sich nach einem Donnerwetter des Gruppenleiters verdattert hinter dem Computer. Ein erbärmlicher Anblick!
Dann beginnt der Neue zu allem Überfluss noch zu stinken. Es ist Ekel, der zuerst nur ihn, dann das ganze Team überkommt. Die Art, wie der Neue sich gibt, wie er redet und – das Allerletzte – wie er sich anzieht, löst in der Herde Würgreize aus. Darüber hinaus schwitzt er auch die ganze Zeit, was er angefasst hat, trägt die Spuren seiner schmierigen Pfoten, wenn er einen Kaffee trinkt, stinkt es aus seiner Fresse nach faulen Eiern. Dann beginnt das Team, ihn systematisch zu mobben. Bis er eines Tages nicht mehr kommt. Tragisch, aber er hat es nicht anders gewollt. Wenigstens hat er sich nicht erschossen.
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