«So kann ich mit dem Dokument nichts anfangen. Bitte fragen Sie bei der Firma erneut nach.» Er nickte. Skizzierte Szenarien, malte sich Bilder aus, wie er die Aufgabe würde lösen können, eine Lüge fände, die plausibel schiene und doch so nahe wie möglich bei der Wahrheit läge. Selbst ein paar Zeilen dichten – das schien ihm unmöglich, müsste doch das Amt nur die Zeitung lesen, seine Sprache sehen, um der Farce auf die Schliche zu kommen. Begnügte sich die Bedrohung bisher in Andeutungen, Weissagungen, kam der fehlende Text einem Gewaltakt gleich: Verfügte das Amt nicht über vollständige Unterlagen, würde er kein Geld erhalten. Wieder schaute er an sich hinunter. Verzweifelt. Tastete den schlanken Körper mit Blicken ab. Blieb wieder bei den Schuhen haften. Wartete auf die Lösung. Gedanken brandeten. Das Tippen plätscherte in Ewigkeiten dahin. Zaghaft hob er den Kopf und blickte die Frau an. Suchte Hilfe in ihrem Gesicht. Doch gerade weil sie nicht teil der Bedrohung schien, liess er davon ab, sich ihr zu offenbaren. Der Makel in seinen Unterlagen passte zum Hohn, der ihm zuvor im Wartezimmer wieder aufgelauert hatte, schon Tage in den Knochen sass, die Frau jedoch: Sie tat ihre Arbeit so gut und gründlich als ob mit ihm und der Welt nichts sei. Er fühlte sich schuldig. Erwartete sie doch von ihm vollständige Unterlagen und alles wäre gut. Gerne hätte er Hand gereicht. Den grauen Augen im Bus Hand gereicht. Also was konnte er tun? Und schon wurde das, was noch vor wenigen Minuten undenkbar gewesen wäre, einem Tabu gleich, zur Entscheidung: Er würde persönlich bei der Firma vorbeigehen und ein Arbeitszeugnis einfordern – einen anderen Weg gab es nicht. Jetzt verstummte die Tastatur. Die Frau sagte: «Wir sind fertig. Wenn Sie mir das fehlende Dokument nachreichen, wird die Auszahlung erfolgen.» Sie sah ihn an, lächelte kurz matt. Dann stand sie auf und öffnete ihm die Tür. Ihn fröstelte und er zögerte noch, bevor er sich verabschiedete und das Arbeitsamt verliess.
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