Wintersonne schlug die Schatten der Baumstämme über vereiste Strasse. Kreuzten den Weg wie Barrieren, die Verfehlungen seines Lebens. Narben, Kerben, ohne Not selbstzugefügt. Tiefer müsse man schauen, um die Rutschpartie am Abgrund zu beenden. Sich der äusseren Auslöser bewusstwerden. Das sagte ihm sein Psychiater. Noch war er die meiste Zeit wach im Verstand, doch manchmal suchten ihn böse Vorboten heim. Knäul zitternder Nervenstränge. Ein Labyrinth der Fehltritte, wo der eine über den anderen stolpert und keiner mehr weiss, wie der Anfang ging. Er kannte solche Leute. Die plötzlich verschwunden waren.
Hey. Lenzburg. Wochenzeitung. Drei Worte waren es, die ihn morgens auf dem Bildschirm seines Mobiltelefons ergriffen, ihm den Kaffee versalzten, im Bodensatz vergessener Tage kratzten, die Brühe aufrührten, alte Lasten vom Grund an die Oberfläche trieben. Obschon die Worte nicht mehr von sich gaben als den Ort, wo er aufgewachsen war. Nichts weiter benannten als das Blatt, für das er schrieb. Absender der Nachricht waren Leute seiner Gegend, seines Alters. Amateurmusiker. Er hatte für sein Blatt ein Interview mit ihnen geführt. Den Text, wie er das zu tun pflegte, zur Ansicht versprochen. Die Nachricht hätte als Erinnerung verstanden werden können. Für ihn war sie eine Drohung. Man weiss, was er für einer ist. Teufel komm raus. Er war umzingelt.
Noch war es um ihn nicht geschehen, sein Psychiater stellte ihm gut Zeugnis aus, ist er doch gescheit und resilient. Und so reflektiert. So etwas sähe man selten. Reden kann er. Formulieren. Das lief alles wie geschmiert. Jetzt musste er kitten. Damit es ihm nicht wieder in die Wohnung schneit. Noch wusste kein Freund, dass ihm der Teufel in Gestalt seiner selbst an die Gurgel wollte. Doch Beschaffungsstress fickt die Moral. Sein Spiegel im Badezimmer erzählte ihm davon. Wo Gefahr ist, auch Rettung wächst, sagte mal einer. Die Rettung war er selbst. Und das Leben.
Sehr gut