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Daniel Costantino

Peking 2022

Alle paar Jahre klopft sich, was rechtschaffen sich den Westen nennt und im eignen Abglanz sonnt, auf die freie Bürgerbrust und zieht mit Paukenschlag gegen die Reiche des Bösen und des Drachen und Arabiens Piratenküste zu Feld, Katar, Sotschi, Peking und wie das alles heisst, was mit Gieren und Schmieren, mit Machenschaften samt und sonders und nirgends dem geringsten Funken Demokratie zu Weltmeisterschaft und Olympischen Spielen gekommen ist wie Gotteslästerer in den geweihten Tempel hinein, Menschenschinder, Schurkenstaaten, Diktatorenstätten allesamt; nur ihr Gold, das glänzt, nur ihr Öl, wie blinkts! und ihr ganzes Geld, das stinkt, zum Himmel stinkts.


Was hat denn Kommunismus mit Winter zu tun, Peking mit Schnee, was können ihm Schneekanonen ein Wetter lügen, das es wie die freien Wahlen dort nicht gibt, indes der Westen freie Wahlen kennt, die nichts ergeben; und Schneekanonen zwar, doch nicht, wie die Chinesen die Welt zu täuschen, sondern dem zahlungskräftigen Touristen mit seiner Familie etwas anzubieten. Wenn das Lauberhorn noch ehrlich ein Rennen absagen kann, weil dem Klimawandel zum Trotz doch einmal Schnee auf die Piste fällt, kühlt ein Wüstenstaat voll Hinterlist seine totalitären Fussballstadien herunter, bis an der Weltmeisterschaft kein einziger Spieler mehr, wie er eigentlich sollte, vom Sonnenstich glüht. Perverserweise ist es im Westen dann Winter und regnet, der freie Mensch und Fussballfan sitzt in Decken gehüllt vor der Glotze und hat Katarrh.


Winter ohne Schnee, Spiele ohne Freiheit. China macht dem Westen vor, was Wirtschaft ist und satter Schnitt und wie der Mensch rentiert. Das hat es ihm gut abgeschaut. Und der Westen, dem nichts über Kosten und Nutzen geht, der Wachstum braucht und strengste Arbeitspflicht, damit er frei sich fühlen kann, hinkt plötzlich in aller Tugend hintendrein. Immerhin, im Spitzensport, dem Symbol für Disziplin und Sieg schlechthin und unlauteren Mitteln, holt er doch ein wenig wieder auf: ist der Chinese jetzt ans grosse Geld gekommen, so hat einer wie der kleine Schweizer immerhin doch auch den Sportsoldaten entwickelt, eine Kategorie strammer Mensch, den es früher nur im Ostblock gab. Wie alle paar Jahre, wenn der Zaster des Zaren rollt oder das Volksgeld des Drachen, weil keine freie Stadt der Welt sich vom Olympischen Komitee auf der Nase herumtanzen lässt und Milliarden in den Sand setzt für Stadien, die sie nach den Spielen niemals mehr braucht; wie alle paar Jahre, wenn es nämlich zu spät ist und in zwei Tagen die Sause steigt, geht im öffentlichrechtlichen Fernsehtalk der Teufel los.


Boykott! brüllts wie von Löwen aus dem Käfig. Völkermord! Sanktionen! Und die Haudegen des freien Marktes erschrecken und rufen dagegen: Was Sanktionen, Investitionen! Freier Markt! Arbeitsplätze! und Sportler sitzen im Rund und träumen von Ziel und Karriere, und einer vom IOC schwärmt: Weltjugendtreffen! und ein Moderator macht die Weltjugendlichen draus, und niemand kann etwas tun, doch soll wenigstens die Regierung etwas tun und den Spielen fernbleiben, damit die Chinesen sie nicht politisch missbrauchen können.


Voilà. Und gehen sie also nicht hin, die Regierungen? Oder doch noch im letzten Moment? Die deutsche? Ob's da vielleicht noch einen juckt? Gibts überhaupt noch Flugtickets? Die USA boykottieren schon länger rein diplomatisch, sie können es sich leisten. Die Schweiz? Kopf oder Zahl? Eine Zeitlang bleibts unentschieden. Schliesslich weigern sich mutig Cassis und Amherd: Nein, man gehe nicht, wegen Corona! Leider.


Und so erweist sich das elende Coronavirus als ein Glück der mutigen Schweizer Diplomatie.



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