Das Büro, in dem ich arbeite, ist ein Ort, wo nichts passiert. Es ist wie der Wartesaal eines Bahnhofs, in dem ich mich täglich vier Stunden aufhalte. Das Grossraumbüro ist in drei Abteilungen gegliedert, die miteinander verbunden sind, und in jeder davon sind fünf Arbeitsplätze eingerichtet. Wenn ich morgens ankomme, zu meinem Platz gehe, welcher in der am weitesten vom Eingang entfernten Ecke liegt, passiere ich jeweils meine Kollegen, die mir im Grunde fremd sind und die ich nur von daher kenne, dass sie mir bei dieser Gelegenheit kurz zunicken. Doch weder ihrerseits noch meinerseits geht ein Wort der Begrüssung über die Lippen. Es ist eine bleierne Trägheit, die dieses Büro wie dicke Luft bis in den letzten Quadratzentimeter ausfüllt, eine Routine der Resignation gegenüber einer Langeweile, die jeden Lebensfunken sofort im Keim erstickt. Ich weiss nicht, was in meinen Kollegen vorgeht, die bedrückt und müde wirken, ich sehe nur, dass ihre abgeschlafften Körper in den Bürostühlen hängen, ihre Zeit abwartend oder arbeitend, um dann am Ende des Tages wieder zu verschwinden.
Als ich neu hier angefangen hatte zu arbeiten, war ich schockiert, gerade auch weil ich realisierte, dass es eigentlich gar nichts zu tun gab. Und mein Schock wandelte sich in Entsetzen, als ich gewahr wurde, dass seitens der Leitung, die wir eigentlich kaum zu Gesicht bekamen, erwartet wurde, dass wir das taten, was wir heute noch tun, nämlich nichts. Ich war anfangs versucht zu revoltieren, realisierte aber sehr schnell, dass jede Art von Initiative auf eine Wand des Schweigens stösst, denn die Männer der Leitung, die ab und zu vorbeikommen, um nach dem Rechten zu sehen, wie graue Geister durch die Räumlichkeiten schreiten, sie mögen es nicht, wenn man sie anspricht. Ganz und gar nicht. Ich hatte es einmal versucht, als ich noch nicht ganz begriffen hatte, wie der Hase hier läuft, wollte fragen, ob ich eine Aufgabe zu erledigen bekommen könnte. Als ich aber in die Augen des Mannes sah, dem ich die Frage gestellt hatte und mich vor Schreck beinahe der Wahnsinn traf, da hatte ich meine Lektion gelernt. Man hatte zu schweigen. Und nichts zu tun.
Mittlerweile hat ein Prozess der Gewöhnung stattgefunden, ja ich habe sogar Techniken entwickelt, aus der Not eine Tugend zu machen, mich der Langeweile zu entziehen. Indem ich etwa alle Möglichkeiten nutze, welche die Räumlichkeiten mir bieten, was sich darin äussert, dass ich jede halbe Stunde einmal langsam zur Toilette schlendere, dort eine Viertelstunde meine Brille putze, langsam wieder zurückgehe, um dann zu realisieren, dass ich in der Toilette etwas liegen gelassen habe und deshalb nochmals zurückkehre. Oder ich beginne zu schreiben. Es bleibt nur zu hoffen, dass nichts dabei herauskommt. Denn dann würde ich Gefahr laufen, entdeckt zu werden.
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