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Daniel Costantino

Ecce homo

I Ecce homo


Tut er nichts, läuft alles wie nach Plan. Tut er was, läuft er selber wie nach Plan. Jede Bewegung Folge einer Ursache, die er nicht kennt, und eine Wirkung, die er nicht vorhersieht.


II Tragt Sorge zur Natur!


Dieser Buchtitel aus den Siebzigerjahren fällt mir zum Wort Paarbeziehung ein. Und dann sofort: Enten füttern. Sie hat etwas Abgestecktes und Überschaubares, die Paarbeziehung. Wie ein Ententeich. Und ist eine naive Attraktion fürs Publikum. Die Pärchen haben sich herausgeputzt, wie es sich gehört, und schwimmen romantisch herum. Je nach Saison wird das Weibchen brüten und das schöne Männchen mutig auf einem Steg herumstolzieren. Bei modernen Entchen gibts auch Rollentausch. Der Enterich inmitten seiner Kleinen. Und das Weibchen auf dem Steg. Auf dem Laufsteg. Bitte vorsichtig füttern.


Oder Partnerschaft. Verpartnert sein. Oder neuerdings: Lebensabschnittspartnerschaft. Das hat etwas Strammes. Und Gepanzertes. Ich glaube, man trägt schwer dabei. Ich sehe mich in voller Rüstung einen Vertrag unterschreiben. Ich weiss nicht, wie da Hingabe möglich ist.


Früher hat man mir über Beziehungen oft entdeckt: Gegensätze ziehen sich an! Und ich habe das immer bestritten. Jetzt habe ich es schon lange nicht mehr gehört. Nicht dass ich mir einbildete, man hätte von mir gelernt. Nein, ich höre einfach nicht mehr zu.


III Die Liebgott-App


Da geben sie jetzt eine neue Briefmarke heraus, eine virtuelle, man kann sie per Handy bestellen, es braucht nur eine App. An den gelben Briefkästen hält man das Handy hin, kriegt den passenden Code, schreibt ihn aufs Couvert, und... und.. undsoweiter.

Etwas Ähnliches könnte man doch auch den Frommen anbieten, man müsste sie nur zum Haben und Tragen eines Handys verpflichten. Ich stelle mir so eine Art Liebgott-App vor, die sie nicht nur vor dem vorehelichen und ausserehelichen, sondern überhaupt vor jedem Sex schützte. Sie könnten nämlich den Sinn des Lebens, die Kinder, jetzt per Code beim lieben Gott bestellen. Und zögen sie per Klick aufs Handy gross.

Möglicherweise liesse sich diese App für die ganze Menschheit einführen, die nun einfach virtuell leben und weiterleben würde, meinetwegen ad infinitum. Die Überbevölkerung wäre bei den heutigen Speicherkapazitäten gewiss kein Thema, Vollbeschäftigung garantiert. Selbst die Kriegsindustrie liesse sich erhalten, sie könnte virtuell florieren. Und zur Natur wäre auch Sorge getragen. Noch hundert Jahre, und das Wort Klimaschutz wäre nicht einmal mehr Schall und Rauch.


IV Eine Pause


Ich werde jetzt hinausgehen und mit den Müllmännern reden, ein bisschen ums Haus herum die Abfälle einsammeln helfen und eine Zigarette mit ihnen rauchen.


Zurück am Schreibtisch stelle ich mir vor, eine grüne Bundesrätin hätte diesen Satz gesagt.






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