Mit dem Tod der Queen, lautet ein News-Titel des Schweizer Fernsehens, erfolge ein tiefer Bruch. Wäre der Titel komplett, wäre man gespannt, worin der Bruch denn bestehe. Das nimmt sein erster Teil, mit Rot darübergeschrieben, vorweg:
Rituale in einer Monarchie –
«Mit dem Tod der Queen erfolgt ein tiefer Bruch»
Von einem Bruch mit den Ritualen wird also die Rede sein. Der einleitende Lead verspricht nichts anderes, kündigt wie folgt ein Interview mit Barbara Stollberg-Rilinger an:
> Sie hat die Funktion und Bedeutung von Ritualen untersucht. Die Historikerin erklärt, wieso der Tod der Queen zu einem tiefen Bruch führt. <
Welche Bedetung der Tod der Queen „in Sachen Rituale″ denn habe, lautet in schönem Deutsch die erste Frage. Antwort: Die Menschen hätten sich fast schon daran gewöhnt, die britische Monarchie mit der Person der Queen zu identifizieren. Deshalb erfolge mit ihrem Tod ein tiefer Bruch. Und weil ihr Nachfolger nicht „diese″ (gemeint ist: ihre) Ausstrahlung habe und nicht „diese″ Beliebtheit. Und auch nicht „diese″ Beständigkeit symbolisiere. „Aber″, steht dann merkwürdig unvermittelt, Rituale seien „genau dazu da, solche Brüche zu überbrücken und zu demonstrieren, dass eben nicht alles abbricht.″
Na gottseidank, doch kein so grosser Bruch. Und vorallem keiner mit den Ritualen. Die Monarchie wird leben. Da hat man als lesende Datenverarbeitungsmaschine die Kurve geradenoch mitgekriegt.
Nächste Frage: Worin besteht ein Ritual?
> Ein Ritual besteht darin, dass es immer wieder auf die scheinbar gleiche Art und Weise durchgeführt wird. <
Richtig. Und wenn es einmal anders durchgeführt wird, ist es eine Tomate.
Oder ein Gedankenslalom: Es muss alles so sein wie beim letzten und vorletzten Mal. Auch wenn sich in Wirklichkeit immer wieder einiges ändert. Es sieht trotzdem so aus wie seit unvordenklichen Zeiten. Daher der Eindruck einer unglaublichen Stabilität. So ist das. So überbrückt man eben den Tod „dieser″ individuellen Person. Das ist die Hoffnung. Dass sich „diese″ Traditionslinie auf den Nachfolger überträgt. „In diesem Fall hat sich aber sehr viel geändert. Es kann sein, dass das nicht mehr funktioniert.″
So ist das.
Ob Rituale Gefahr liefen, vielleicht nicht mehr verstanden zu werden? Das Gute sei eben, dass man alles Mögliche hineininterpretieren könne. Dass man als normaler Fernsehzuschauer nicht wisse, was die Détails bedeuten. Obschon alle irgendeine historische Referenz hätten. Das muss man aber nicht wissen, „um an diesem emotionalen Effekt teilzuhaben.″ Undsoweiter. Dieser Effekt reicht, „um Verlässlichkeit und Tradition zu signalisieren.″
Ja gut. Der Bruch ist halt der Tod der Queen. Und die Rituale machen dann, dass es eben doch kein richtiger Bruch ist. Von was auch immer. Obwohl man sie nicht versteht. Wird schon gutgehn irgendwie.
Ob Rituale auch misslingen können?, letzte Frage. Ja, ist die Antwort, „absolut″.
Kann man eigentlich auch von diesem Interview sagen.
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