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Daniel Costantino

Die Spass- und Spiessgesellschaft

Aktualisiert: 12. Mai 2021

Keine Unkenntnis ist ihr genierlich, es handle sich denn, o sprudelnder Quell der holden Erlabung, um triviales Gewäsch. Wichtig allein, hier auf dem Quivive zu sein. Man kennt die Programme und weiss die Parolen und bildet sich weiter. Und hat man nicht ein Recht darauf? Die Konkurrenz ist gross und meist schmutzig. Fürs Restliche gilt: Nach dem Regen die Sonne und carpediem, was ist schon des Aufhebens wert. Rund ist die Welt, bunt ist die Welt, braucht keiner zu heucheln, nach Höh’rem zu streben. Offen sein fürs immer grad Neue, aufgeschlossen und sehr tolerant. Ist‘s nicht ein schöner Zug? So zwitschert und followert sich‘s ganz flott über die Runden, Hauptsache, man hält sich gesund. Die Kunst? Ach, leben und wasserlassen, hihi. Man bestäubt sich das Hirn und putzt sich die Seele und ist imgrunde ein friedlicher Mensch. Hier etwas zum Naschen, da etwas zum Husten, und auf die Perlen wirf die Säue drauf. Kaschieren braucht man eh nix, da steht man längstens darüber. Ein Dreimalhoch aufs lustige Leben!


Nein, heute ergötzt man sich am eigenen Unvermögen, entstellt das Wertvolle mit trampelnden Füssen und bietet‘s dem allgemeinen Gelächter zum Spott. O wie so köstlich, dass man sich selber bekleckert dabei, wie so köstlich! Ich kann nichts und weiss nichts und drauf bin ich stolz. Stupid is beautiful, heisst die Devise. So frivol die Gemüter, so flüchtig die eiligen Geister. Die schönen Seelchen transparent wie aus Glas und glitzern vereint um die Wette. Eine Schäfchengemeinschaft einfachster Ordnung. Wo alles glänzt, darf man sich um alles foutieren. Es zickt sich und pickst sich ganz unverfänglich, im Schwarm reflektiert alles lächelnd zurück. In solcher Distanzlosigkeit ist keine Nähe mehr möglich, es gibt nichts zu überwinden. Was aber stört und darum zusammenschweisst, ist ein imaginärer gegnerischer Haufen, zu dem alles gehört, was des eigenen Mangels entbehrt und ihn damit schon blossstellt. Ein asoziales Pack. Ein Makel am Volkskörper, den es auszumerzen gilt. Da muss noch einmal so richtig rausgeputzt werden!


Ein Völkchen, das vorgibt, an alle möglichen Werte zu glauben, Liebe und Friede zuvörderst, aber sich unentwegt selbst ad absurdum führt. Das nichts so sehr fürchtet, als auf den eigenen Füssen zu stehen, und deshalb nie eine anständige Haltung bezeugt. Des Zeitgeists schnellster Kunde und auch sonst aller Mode, darauf lässt es nichts kommen. Wer will schon als rückständig gelten! Dem das Schöngeistige und das Spirituelle zuverlässig den Kopf verdreht, der Prunk, allerlei Schund, die Magie. Das die Verlogenheit liebt und lexikalisches Wissen und blitzblanke Böden mehr schätzt als klares Denken. Die eigene Kultur ist ihm fremd, das Intellektuelle suspekt. Dafür betet’s zum Mammon auf Teufel komm raus. Ein Völkchen, das sich an der Nase herumführen lässt wie kein zweites, so fühlt es sich wohl und lästiger Schuld zum voraus enthoben. Heimlich zwar lüstern auf anderer Leid, aber rein und weiss wie ein Osterlamm. Und hetzt man es auf, hurra! riecht es Lunte und Blut und kriegt einen Rausch. Gottchen, es wird halt verführt! Hat es nicht stets und vergebens für die rechte Sache gekämpft und ist doch immer nur zu kurz gekommen?


Apropos Teufel, man könnte auch sagen: das Böse. Wo steckt’s? In den Strukturen. Zuweilen den Genen. Und im Islam. Oft auch in Moskau und Kiew. Nur nicht bei ihm. Überall dort, wo die Renitenz sich weigert, einfach und schlicht fürs Schöne und Wahre zu leben.

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