Dieses Gesindel! Einen Geldautomaten in die Luft sprengen, wo sind wir da hingekommen, das macht mich richtig, richtiggehend rasend! Wenn ich die zu fassen kriegte, an die Wand stellen und erschiessen würde ich das Pack, schön in der Reihe, einer nach dem anderen, warum macht die Polizei mit denen nicht kurzen Prozess, warum so lange fackeln? Menschenrechte! Wenn ich das nur höre! Na, hör mal, wo liegt dein Problem? In der Zeitung war davon zu lesen, soll passiert sein in irgendeinem Kaff unserer Gegend, hat mit dir nichts zu tun, gehört wohl auch nicht deiner Bank, der Automat, also warum so aggressiv? Ärgerlich für den, der rundherum aufräumen, sein Geld an einem anderen Ort holen muss, aber was schert dich bitte die Bank? Diese Bank? Das sind doch selbst Gauner… Weil mich Kriminelle teuflisch wütend machen, schon immer hatte ich ein ausserordentliches Gerechtigkeitsempfinden, solche und andere, nur Böses im Herzen, aber nie Anstand, Regeln, Gesetze im Kopf, da kenn ich nichts, tick ich aus. So bin ich halt! Stell dir vor, wenn ich König wäre -. Während er sich in Rage denkt und fühlt, ganze Furien auf die Übeltäter hetzt, heiliger Zorn im Frühlingsmorgen, auf die, die den Geldautomaten gesprengt hatten, geht er hinaus auf den Balkon, um seine Blümchen zu giessen, die ihre Köpfchen rot gelb fröhlich dem Sonnenlicht entgegenstrecken. Wenn Wasser ins Töpfchen plätschert, Vögel Lieder singen, dann ist der Moment des Innehaltens, eine Pause, um Gedanken zu formen. Beileibe nicht! Beileibe sind nicht nur jene Gauner, die sich an Geldautomaten unserer Banken zu schaffen machen, eigentlich geht alles doch überall den Bach runter, sieh nur – und ein Vogel trillert und trällert ihm nach dem Mund – schau nur, den Dicken da, der aus Nordkorea, einfach gewähren lassen, ist halt so, kann man nichts machen, das Credo von heute, kein Anstand, keine Rücksicht mehr, eine Zeiterscheinung. Ihn, den Dicken! Wäre ich Präsident, schon längst hätte ich den platt gemacht. Aber dich fragt ja niemand. Gott sei Dank. Ist dem noch nie in den Sinn gekommen, es könnte in einem Leben die Möglichkeit geben, Geldautomaten in die Luft zu sprengen? Während der Andere auf dem Balkon Blümchen giesst, am dicken Koreaner, am Geldautomaten leidend, in einer schönen Routine der Jahreszeit huldigend, Trost suchend, hängt ihm die Tirade im Kopf, nährt seine Zweifel an der Freundschaft mit dem Einfaltspinsel, die ihn in den letzten Tagen heimsuchten, bedrückt und bewegt den Geist, so, dass auch ihm, der in der Stube sitzt, durch das Fenster das Geschehen auf dem Balkon beobachtend, Ärger hochkommt. Erstaunlich. Der beisst sich die Zähne ins Hirn wegen Leuten, die er nicht kennt, einer Sache, die niemandem ans Lebendige geht. Hat er eine Ahnung, welche Gewalt er mir mit seiner Spiessigkeit antut, seinen Fernsehsendungen, dem ganzen vorproduzierten Kitsch und Tamtam? Händchenhalten, lieb sein, Küsschen geben, Blumen für die Nachbarn! Lange Zeit bewahrt er den Schein, dazuzugehören, versucht, sich mit dem Sound von Plattitüden und Floskeln nach Ansage, dem Klatsch und Tratsch nach Schlagzeilen anzufreunden, will er sich doch nicht gänzlich seinem Eigensinn hergeben. Doch nun reicht es, kehrt seine ganze, mit Boshaftigkeit und Galle durchzogene Verachtung für die Spiessigkeit, die da auf dem Balkon steht, wie ein dummes Huhn in den Frühling hinaus gackert und Blümchen giesst, in einem Schwall von Hass in ihn hoch. Er geht hinaus, nimmt einen Blumentopf, schmisst ihn im hohen Bogen vom Balkon, dabei zwei oder frei Fäkalien ausstossend, und verlässt die Wohnung.
top of page
Suche
Aktuelle Beiträge
Alle ansehenFrühmorgens fuhr immer sein Bus und brachte ihn durch die Stadt in ein fernes Quartier hinüber. Schräg an die Scheibe gelehnt sass er...
220
bottom of page
Comments