Das Kandidatenkarussell
- Daniel Costantino
- 22. Jan.
- 2 Min. Lesezeit
Ein Auftakt zur Bundesratswahl
Wer immer aufsitzt, setzt sich dem Wind aus, dem vielen um eigentlich nichts. Muss winken hoch auf dem sausenden Rösselspiel, und zwar allen, ob er sie mag oder nicht. Unter lauten und falschen Drehorgelklängen sich drehen und lächeln im Kreis. Wenn der Wind kehrt, soll er sich blähen, wenn er ihn trägt, soll er demütig sein im Applaus. Dienen! Nichts als dienen wird er wollen. Und dennoch auf Biegen und Brechen.
Tschingderassa! Die Sause beginnt, wenn die Plätze besetzt sind. Die Vorderen lassen für einmal die Hinteren vor. Die Hinteren müssen noch Eintritt bezahlen. Dann legt mit Donnern und Tosen der Budenplatz los, die Absperrung scheppert, die Drehorgel wimmert, bis das ganze Krawumm sich von selber verschluckt. Die Ohren werden uns schlackern davon.
Zuletzt gibt es noch einen schönen Empfang und legt sich das Vaterland wieder. Der Gewählte, wer immer, verstaubt in der Amtsstubenluft. Jahr um Jahr und Tag für Tag. Die Demokratie treibt nicht im Grossen, sondern im Kleinen ihr Spiel, in Paragrafen, Strukturen, im Kleingeist der Pflicht.
Und einer rückt für ihn nach, der zuoberst auf einer Liste steht und sich sehr darauf freut. Beim nächsten Mal wird er mitwählen dürfen. Seine Freiheit, seine einzige, wird darin bestehen, dass er wählen kann am grossen Tag, wen er will. Denn es ist alles geheim. Da wird er es seinesgleichen einmal vergelten. Zwar ist er frei gewählt, und Freiheit bedeutet ihm alles. Aber er fühlt sich nicht frei. Muss immer tun, was er muss, ein Ochse im Pflug, ein Knecht der Partei.
Am Wahltag steht A auf dem Zettel und B. A hat er zu wählen, das hat man ihm schnell beigebracht. Parteidisziplin. Doch heimlich macht er die Faust im Sack, ein einziges Mal, und schreibt B auf den Zettel statt A. Mit verstellter Schrift! Ein einziges Mal, wie im Rausch. Wählt nämlich den Heiri statt Hans. Leider umsonst. Hans kommt am Ende heraus. Wenn halt jede Stimme zählt, zählen auch die aller Andern. Was kann ein Parlamentarier schon tun gegen die Demokratie!
Das Ticket, die Wahl und die Inauguration: Helvetien drehorgelt auch mal ein bisschen. Nicht allzu pompös, nicht bis zum Anschlag. Anderswo geht es gefährlicher zu als bei uns, in diesen Tagen besonders. Anderswo droht der Faschismus, oder ist er schon halb, und der Wirtschaftskollaps und der Krieg. Der Parlamentarier hat auch ohne das alles nichts zu sagen. Auch der Bundesrat nicht. Vielleicht hat es die Amherd ja gemerkt.
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