Baustellen geniessen einen schlechten Ruf. Insbesondere dann, wenn die Bagger gleich neben dem eigenen Haus anrollen und mit infernalem Lärm die beschauliche, über Jahre angesparte heimische Idylle zunichte machen. Dabei sind die lauten, dreckigen, stickenden Unorte, an denen keinesfalls gute Kinderstube gelehrt wird und die den Prozentsatz an Menschen ausländischer Herkunft in der Nachbarschaft temporär in die Höhe treiben, der Grundstein dessen, worauf der Hausbesitzer tagtäglich hockt. Oder anders ausgedrückt: Auch das eigene Haus war einmal eine Baustelle. Und wurde die Katze, die zuvor, also vor dem Bau des eigenen Hauses, jene Katze, die ein ganzes Jahrzehnt bei schönem Wetter den Schattenplatz unter der abgerissenen Linde genoss und die deshalb von den Kindern aus der damaligen Nachbarschaft liebevoll «Lindebüsi» genannt und entsprechend tagtäglich gestreichelt wurde, hat man sie gefragt oder hat es gar jemanden interessiert, dass sie den Bauplänen des heutigen Hausbesitzers weichen musste? Sicherlich, der Mensch ist keine Katze, denn die hat den ganzen Tag Zeit, sich ein ruhiges Plätzchen zu suchen und viel besseres zu tun als Mäuseplagen hat sie auch nicht. Der arbeitende Mensch dagegen, der sich tagtäglich abstrampelt, um seinen Teil ans Bruttoinlandsprodukt beizusteuern und dabei auch noch für sich selber etwas ins Trockene zu bringen, ob versteuert oder schwarz sei dahingestellt, der will wenigstens nach Dienstschluss in den eigenen vier Wänden seine Ruhe haben. Doch damit nicht genug: Auch der Weg von der Arbeit ins eigene Heim soll frei sein und störungsfrei verlaufen. Aber selbstverständlich sind die Strassen verstopft, der Öffentliche Verkehr kapazitätsmässig kurz vor dem Kollaps, weil die Regierenden es unterlassen, den Zustrom an Gesindel in die eigene Nachbarschaft zu unterbinden. Und dabei haben die Magistraten auch noch die Frechheit, die Steuern zu erhöhen. Sie kriegen einfach nie genug, die da oben!
Baustellen
Aktualisiert: 17. Juni 2021
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